Komparse, Kiezkomparse. Klappe eins, die Erste…
Es ist Corona-Zeit, triste Zeit, komische Zeit. In einen Haushalt darf nur eine andere Person zu Besuch kommen. Es ist Donnerstag und ich fahre mal zu meinem Freund Christian auf einen Kaffee und einen Berliner.
Wir reden so über dies und das. Irgendwann fragt mich Christian ob ich mal ein paar Fotos von ihm machen könnte. Ich fotografiere gerne und lege schnell los. Portrait, in ganzer Größe und im Profil. „Was willst du denn damit machen?“ frage ich. „Ach“ sagt er „ich will mich als Komparse anmelden.“ Das ist ja lustig, das wollte ich schon lange… – und er macht dann auch ein paar Fotos von mir.
Kaum zuhause setze ich mich an den Computer und suche nach Casting-Agenturen.
„Kiezkomparsen.de“ hört sich gut an. Ich gebe meine Daten ein, lade die Fotos hoch und freue mich, nach langer Zeit wieder ein Ziel zu haben. Mal schauen, was draus wird.
Ein bisschen Gartenarbeit ist fällig. Zwei, drei Stunden später setze ich mich wieder an den Computer. Ding Dong, eine Email von den Kiezkomparsen. Ich glaube es ja wohl nicht – tatsächlich eine Anfrage für einen Werbespot.
Ich sage natürlich sofort zu und erfahre, dass ich schon am Montag meinen ersten Drehtag haben soll. „Ist ja irre“ denke ich und bin sofort ein wenig aufgeregt.
Am Montag fahre ich zum Drehort und habe so gar keine Ahnung, was mich dort erwartet. Ich laufe ein wenig herum, um den Ort des Geschehens zu finden. Aber dann sehe ich schon die Autos der Filmgesellschaft und einige Menschen herumlaufen. „Wo muss ich denn hin, ich bin als Komparse hier?“ frage ich den Nächstbesten. „Ach, geh einfach da runter, dann findest du alle.“ Der Mann ist völlig entspannt, während ich nun doch etwas unruhig werde. Ist ja schließlich mein erster Drehtag.
Ich finde die ganze Crew und gehe drauf zu. Ein sehr netter junger Mann fragt mich, ob ich Komparse bin und nach meinem Namen. Sascha ist Komparsen-Betreuer und total locker drauf. Ich gehe zum Corona-Test (man achtet sehr streng drauf, dass alle sich an die Regeln halten).
Der Test ist negativ, das ist doch schon mal was. Und plötzlich bin ich dabei. Übergangslos.
Die Technik ist damit beschäftigt, das Equipment aufzubauen – schwarze Wände, Lampen, riesige Rohrgestelle, Kamerawagen, Kameras, Schienen für die Kameras. Alles wird nach Angaben der Regie und Regieassistenz gestaltet.
Wir, die Komparsen, verteilen uns in einem großen Raum mit genügend Abstand.
Die Masken- und Kostümbildner kommen und kleiden uns ein bzw. um, legen hier ein paar Haare zur Seite, rücken die ausgeliehenen Krawatten gerade und so weiter. Ich soll doch noch einen Anzug bekommen und ziehe mich um. Nicht mein persönlicher Stil, aber passt.
Wir haben noch Zeit, weil die Technik noch nicht steht. Also geht`s erst einmal zum Catering. Die Jungs machen eigentlich Events wie Hochzeiten oder ähnliches. Sie freuen sich, dass sie in dieser Zeit wenigstens etwas zu tun haben und sind sehr bemüht, uns alle zufrieden zu stellen. Es gibt alles Mögliche an warmen oder kalten Getränken, frisch zubereitete Sandwiches, Kuchen und, und, und. Alles sehr lecker, und ich denke: „Das hat sich schon gelohnt, dabei zu sein.“
Es finden sich sehr kleine Grüppchen zusammen. Man plaudert so vor sich hin, und meine Aufregung geht ‘gen Null. Alle sind locker und entspannt. Ich gebe mich nun einfach dem Geschehen hin.
Die Regie kommt und es gibt ein „Line Up“ – man sagt uns, was wir machen, oder lassen sollen, man stellt uns hin, wo man uns haben will (ich werde x- Mal umgestellt). Dann klebt man mir Klebestreifen vor die Füße. Da bleibst du einfach stehen. „Ok, mach ich.“
Die Hauptdarsteller kommen und es gibt die ersten Proben, neue Kameraeinstellungen.
Ton ab, Kamera läuft, Klappe sowieso die erste. Ich bin drin, ich bin tatsächlich dabei. Das Schauspiel beginnt.
Das geht so den ganzen Tag. Immer wieder von Neuem, immer wieder die gleiche Szene von mehreren Seiten, immer wieder wird umgestellt, und man achtet drauf, dass die gleichen Leute am gleichen Platz stehen. Zwischendurch gibt es viele Pausen und neue Einstellungen. Und wieder trifft man sich beim Catering, isst und trinkt und unterhält sich.
Ton ab, Kamera läuft, Klappe sowieso die einhundertsiebenundzwanzigste. Puuuhhh!!!
Ich kann nicht mehr stehen, der Rücken schmerzt.
Ich habe gut gegessen, viel Spaß gehabt, gute Gespräche geführt und war das erste Mal bei etwas für mich völlig Neuem. Ich fahre nach 9 Stunden nach Hause und bin happy. Total happy. Was für ein schöner Tag in dieser komischen Zeit. Leute kennengelernt, das Filmen kennengelernt, Spaß gehabt.
Witzig ist, dass das Filmen selbst gar nicht so viel Raum bei mir eingenommen hat an diesem Tag. Viel wichtiger waren die sozialen Aspekte – und natürlich das hervorragende Catering…
Fortsetzung folgt…